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Michael Merzenich, Mitgründer von Posit Science und Pionier auf dem Gebiet der Gehirnplastizität über Hirnforschung, Lernen und die Feldenkrais-Methode

Der Neurowissenschaftler Dr. Michael Merzenich spricht darüber, dass er schon seit langem den Ansatz von Feldenkrais zu schätzen weiß und sich selbst bei der Arbeit mit Patienten, die sich von schweren Einschränkungen erholen, auf ähnlich Prinzipien stützt. Er betont die Wichtigkeit von Variationen: Das Gehirn kann nur lernen und gut funktionieren, wenn es durch eine Vielzahl von Herausforderungen, von Möglichkeiten, von Bewegungsvariationen stimuliert wird. Das Gehirn braucht bestimmte Bedingungen, die es ihm erlauben, die Aufgaben, die man ihm stellt, optimal zu lösen. Dazu gehört, dass das Gehirn am besten funktioniert, wenn ihm ein Problem immer wieder aus einer anderen Perspektive präsentiert wird, wenn folglich eine Aufgabe aus allen nur denkbaren Richtungen angegangen wird. Ebenfalls entscheidend für erfolgreiches Lernen ist die Tatsache, dass das Gehirn sich nur verändert, wenn ihm etwas wichtig erscheint. Das heißt, wir brauchen echte Motivation, bei dem, was wir tun und lernen wollen. Wir müssen uns engagieren und auf die Aufgabe einlassen, wir müssen unsere Aufmerksamkeit fokussieren und bewusst erleben, was mit uns geschieht. Das sei tatsächlich eine neurologische Angelegenheit, weil das Maß der Motivation darüber bestimmt, welche Neurotransmitter ausgeschüttet werden! Wir können uns über die Möglichkeit von Veränderung bewusst sein oder eben nicht. Und diese Bewusstheit macht einen Unterschied bezüglich dessen, was heraus kommt. In Feldenkrais-Stunden wird damit konkret gearbeitet. Zudem hebt er den spezifisch feldenkraisischen Ansatz hervor, alle vorgefundenen Einschränkungen und Schwierigkeiten zunächst einmal voll und ganz anzunehmen und als Basis zu nutzen, um Entwicklungs- und Verbesserungsmöglichkeiten zu entdecken, und sie dann im Einklang mit der ganzen Person zu fördern. Sein Fazit: „Es liegt viel Weisheit in der Entstehungsgeschichte dieser Methode“.

 

Achtsamkeit

Alles, was wir tun, fühlen, denken und lernen hat seine Wurzel in Bewegung! Moshé Feldenkrais formulierte sehr radikal: „Bewegung ist Leben. Ohne Bewegung ist Leben undenkbar“ und führende Neurobiologen sagen, Bewegung sei die Sprache des Gehirns.

Es gibt allerdings zweierlei Arten, sich zu bewegen: Automatisierte Bewegung und Bewegung, die mit Achtsamkeit ausgeführt wird. Diesen Unterschied zu verstehen, kann der Schlüssel sein, um Einschränkungen, Schwierigkeiten und zuweilen sogar Schmerzen zu überwinden.

DSCN8051Beide Arten von Bewegung sind wichtig und lebensnotwendig. Automatisierte Bewegung erlaubt es uns, viele Handlungen des täglichen Lebens auszuführen wie beispielsweise zu gehen, zu sprechen, zu kochen, zu schreiben, Auto zu fahren und Unzähliges mehr. Wenn wir jedoch Schwierigkeiten überwinden, bestehende Bewegungsgewohnheiten verändern oder eine neue Fertigkeit erlernen wollen, müssen wir unsere volle Aufmerksamkeit auf die Qualität der Bewegung richten und auf das sensorische Feedback horchen, das von den peripheren Rezeptoren in den Gelenken, den Faszien, den Muskeln und der Haut zurück ans zentrale Nervensystem gesendet wirdBewegung „einfach nur so“, ohne auf die Ausführung zu achten, hat wenig Wirkung, wie neuro-wissenschaftliche Untersuchungen zeigen. Je automatischer Bewegungen ausgeführt werden, desto weniger können sie den natürlichen Drang des Gehirns nach Entwicklung befriedigen. Wenn wir in Schwierigkeiten sind und uns einfach drauflos bewegen, können wir uns sogar noch viel mehr in Schwierigkeiten bringen.

Wenn wir uns hingegen nur ein paar Sekunden Zeit nehmen und anfangen, auf das zu achten, was wir tun, und fragen: Wo befinden sich die Füße, was machen die Wirbelsäule, die Rippen, der Kopf etc. dann beginnt ein völlig anderer Prozess im Gehirn. Wenn wir dies tun, beginnt unser Gehirn tatsächlich sehr schnell, unzählige neue Verbindungen zu knüpfen und damit neue Bewegungsmöglichkeiten zu generieren. Das menschliche Gehirn organisiert sich buchstäblich mittels Bewegung und die, durch Achtsamkeit gewonnenen, sensorischen Informationen dienen dabei als Treibstoff. Diese Veränderungen der Hirnaktivität können schnell zu klarerem Denken, leichteren Bewegungen, weniger Schmerz und wirkungsvolleren Handlungen führen. Mit einem so systematischen Vorgehen, wie es die Feldenkrais-Methode ermöglicht, können sogar allmählich Handlungen möglich werden, die wir früher für unmöglich gehalten haben.

Das Prinzip „Bewegung + Achtsamkeit“ kann auf jede beliebige Bewegung angewandt werden, sei es im Alltag bei Routinetätigkeiten wie Staubsaugen, Zähneputzen oder Abwaschen, sei es beim Training einer Sportart, beim Yoga oder sogar beim Workout.

Probiere es aus!

 

Acht Schlüssel-Prinzipien der Feldenkrais-Methode

Die Wirkungsweise der Feldenkrais-Methode beruht darauf, dass wir anhand von Bewegung mit dem Gehirn interagieren und es dazu anregen, neue Muster zu bilden. Wir nutzen in der Feldenkrais-Methode Bewegung, aber im Gegensatz zu vielen anderen Methoden, benutzen wir sie nicht mit der Absicht, Muskeln zu dehnen oder zu trainieren, sondern Veränderungen im Gehirn herbei zu führen. Es gibt einen natürlichen Drang des Gehirns sich zu entwickeln und immer präziser, wirksamer und angemessener mit der Umwelt zu interagieren. Dieser natürliche Prozess wird heute unter dem Begriff Neuroplastizität immer bekannter: Die Fähigkeit des Gehirns, jederzeit neue Verbindungen zu knüpfen – seine eigentliche Aufgabe ein Leben lang.

Acht-Arbeitsprinzipien für Bewusstheit durch Bewegung

Acht-Arbeitsprinzipien für Bewusstheit durch Bewegung

Damit das Gehirn seine Arbeit gut verrichten kann, müssen wir es mit den entsprechenden Informationen versorgen. Wenn wir die folgenden acht Schlüssel-Prinzipien in Verbindung mit Bewegung anwenden, beliefern wir es mit jenen sensorischen Informationen, die es benötigt, um aufzuwachen, zu wachsen und neue Bewegungs-, Gefühls-, Denkmuster zu bilden. Dadurch können wir allmählich gewohnheitsbedingte Einschränkungen und Schmerzen überwinden sowie das Spektrum der individuellen Handlungsfähigkeit erweitern und verfeinern. Darüber hinaus entwickeln wir die nötigen Mittel, um unsere natürliche Beweglichkeit bis ins hohe Alter zu erhalten.

Moshé Feldenkrais nannte seine Gruppenarbeit »Bewusstheit durch Bewegung«. Bewusstheit ist unsere Fähigkeit, zu wissen, dass wir wissen, unsere Fähigkeit, uns selbst zu beobachten. Bewusstheit ist ein essentieller Grundbaustein für Selbsterkenntnis und unverzichtbar für wirkliches, tiefgreifendes Lernen. Wenn wir ohne Bewusstheit handeln, handeln wir automatisch und wissen manchmal nicht einmal, dass wir etwas tun. Aber,frei nach Moshé Feldenkrais: Nur wenn wir wissen, was wir tun, können wir tun, was wir wollen. Es ist wie eine Landkarte – unsere eigene innere Lebenslandkarte.

Wenn wir diese Arbeitsprinzipien auf unsere Bewegungen anwenden, erreichen wir genau dies: Bewusstheit durch Bewegung.

In den nächsten Monaten werde ich auf dieser Seite die einzelnen Prinzipien näher vorstellen. Klicke in der Kategorien-Wolke auf Arbeitsprinzipien, um weitere Artikel zu dem Thema zu finden.

Tatort-Kommissarin macht Feldenkrais

Ulrike Folkerts, die im Ludwigshafener „Tatort“ die Hauptkommissarin Lena Odenthal spielt, nimmt seit Jahren Feldenkrais-Stunden. In ihrem Buch „Das macht mich stark“ widmete sie der Feldenkrais-Methode ein ganzes Kapitel. Im Folgenden ein paar Zitate:

„Es sind spannende Momente wenn man neue Bewegungsabläufe in seinem und durch seinen Körper entdeckt.(…)

 Ich bekam einen Tipp von Lena Odenthals Kollegen Kriminaloberkommissar Mario Kopper. Versuch’s doch mal mit Feldenkrais. Ich hatte keine Vorstellung davon, was sich dahinter verbergen könnte. Aber neugierig, wie ich bin, war ich bereit für ein Abenteuer. Ich fand eine sehr sympathische Feldenkrais-Lehrerin und eine behagliche Atmosphäre (…) Ich hatte immer wieder stressbedingte Verspannungen im Nacken und Rücken und weil unser Leben schon schnell genug geht, entdeckte ich mit Feldenkrais
sehr gerne die Langsamkeit.(…)


 „Was mir besonders gefiel war die Tatsache, dass es bei Feldenkrais überhaupt nicht darum geht, falsche oder schlechte Gewohnheiten irgendwie auszumerzen. Die Feldenkrais-Methode zielt auf ein körperliches Lernen, auf Lernprozesse durch Bewegung, die Veränderungen in der inneren und äußeren Haltung anregen. (…) Der Sinn des Ganzen besteht darin festzustellen, wie das Gehirn mit einer neuen Situation zunächst zurechtkommt. Das Gehirn fühlt sich aus den gewohnten Bahnen geworfen und muss etwas umbauen. (…) Ich lernte, wie sich seelische Verspannungen, die sich in körperlichen zeigen, verändern können. (…) Ich entdecke Fähigkeiten in meinem Körper und mit meinem Körper, die ich längst vergessen hatte. Ich lerne neu. Ich lerne um. Rein theoretisch können wir unser ganzes Leben lang so lernen, ich habe mein eigenes Potenzial auf diesem Wege überhaupt erst entdeckt.“

„Die Methode macht ehrlich. Wenn man will, bekommt man dadurch einen Zugang zu seinen Gefühlen und gleichzeitig Entspannung und Bewusstheit.“ (Ulrike Folkerts)